Mittwoch, 22. November 2023, 19 Uhr s.t.
Universität Salzburg, Fachbereich für Altertumswissenschaften, Bereich Klassische und Frühägäische Archäologie, Abgusssammlung | E.33, Residenzplatz 1, 5020 Salzburg
Univ.-Prof. Dr. Falko Daim (Salzburg)
Ähnlichkeiten und Diversität: Die frühmittelalterlichen Reiternomaden in Mitteleuropa
Es gibt viele Gründe, warum sich Menschen auf den Weg machten. Meist waren sie auf der Flucht vor feindlicher Bedrohung oder wegen Missernten, auf der Suche nach Nahrung und Weideland. Freilich waren viele auch auf Beute aus, folgten einem charismatischen Herrscher mit seinen Kriegern. Doch sie haben nicht nur genommen.
Die frühmittelalterlichen Reiternomaden, die aus dem Osten nach Mitteleuropa gekommen sind, haben unseren Subkontinent mitgeprägt, durch Techniken, die sie mitbrachten, bisweilen aber auch durch den Druck, der die westlichen Nachbarn zum gemeinsamen Handeln zwang. Während die Reiche der Hunnen und Awaren letztendlich zerfallen sind, haben sich die der Bulgaren und Ungarn denen der Nachbarn angepasst und sind heute Teil der Europäischen Union.
Durch ihre Meisterschaft als berittene Krieger und Bogenschützen erschienen sie auf den ersten Blick sehr ähnlich, doch sind sie sonst sehr verschieden in ihrer Agenda, in ihrem Sozialverhalten und der teils sehr rätselvollen archäologischen Hinterlassenschaft.
Im Rahmen des internationalen Forschungsprojekt HistoGenes, Integrating genetic, archaeological and historical perspectives on eastern Central Europe 400-900 AD, der Europäischen Kommission wird derzeit die Bevölkerungsgeschichte des Awarenreichs im Karpatenbecken von der Mitte des 6. bis zur Mitte des 9. Jhs erforscht, wobei die schriftlichen Nachrichten, die archäologischen Funde und über 6000 DNA-Skelettanalysen integriert werden. Dabei liegen schon jetzt sensationelle Ergebnisse vor, die ausführlich vorgestellt werden.